Ihr Tätigkeitsbericht stand 2021 unter dem Titel «Die Demokratie muss es uns Wert sein». Warum haben Sie diesen Titel gewählt?

Dominika Blonski: Die Schule trägt eine besondere Verantwortung für die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder. Hier lernen sie, wie eine demokratische und freie Gesellschaft funktioniert. Sie lernen, dass man Geheimnisse haben darf und dass dies wichtig ist, um frei denken zu können. Somit ist der Schutz der Privatsphäre und auch der Datenschutz eine der Grundlagen dieser Gesellschaft. Auch bei der Nutzung von Online-Tools ist nicht jedes geeignet, nur weil es angenehm oder lustig ist. Die Demokratie muss es uns wert sein, dass wir auch da genau hinschauen: Was geschieht mit den Daten? Wohin fliessen sie? Wer hat Zugang dazu? Und können sie missbraucht werden?

Welche Bedeutung hat der Datenschutz im schweizerischen bzw. zürcherischen Bildungswesen? Was funktioniert aus Ihrer Sicht gut, was könnte verbessert werden?

Die Zusammenarbeit mit Educa funktioniert sehr gut. Allgemein ist ein Bewusstsein für den Datenschutz vorhanden und das Thema fliesst zunehmend in den Schulunterricht ein. Dies nicht zuletzt auch dank dem Lehrmittel, das die Datenschutzbeauftragte des Kantons Zürich zusammen mit der PH Zürich entwickelt und das online frei verfügbar ist auf www.datenschutzlernen.ch.

Oft wird aber der Schwerpunkt auf Medienkompetenz gelegt, das heisst, auf den Umgang mit digitalen Mitteln und nicht darauf, warum es wichtig ist, sparsam und sorgfältig mit Personendaten umzugehen. Schwierigkeiten sehen wir auch darin, dass viele Schulen nicht die Ressourcen haben, sich intensiv mit der Digitalisierung und deren Risiken zu beschäftigen. Oft können die grundlegenden Anforderungen der Informationssicherheit nicht eingehalten werden. Zudem sehen wir, dass Lehrpersonen sehr auf sich selbst gestellt sind und in Sachen Digitalisierung, Datenschutz und Informationssicherheit kaum Unterstützung bekommen.

«  Oft wird der Schwerpunkt auf Medienkompetenz gelegt, und nicht darauf, warum es wichtig ist, sparsam und sorgfältig mit Personendaten umzugehen.  »

Wie häufig kommen gemäss Ihrer Erfahrung Fragen zu Datenschutz im schulischen Kontext vor? Und wie schätzen Sie deren Komplexität ein?

Wir bekommen sehr viele Anfragen. Daraus entstanden ist ein Datenschutzlexikon für die Volksschule und eines für die Mittelschule und Berufsfachschule. Die Spannweite der Komplexität ist sehr gross. So gibt es viele Fragen zu Weiter- respektive Bekanntgaben von Daten: «Darf ich etwas weitergeben, veröffentlichen usw.?» bis zu umfangreichen Vertragsprüfungen einzelner Tools: «Darf ich dieses Produkt in der Schule einsetzen?». Oft haben verschiedene Schulen dieselben Fragen, beispielsweise wenn es um das Erarbeiten eines Datenbearbeitungskonzept geht, wie im Leitfaden Microsoft 365 im Bildungsbereich beschrieben.

Wir wurden mit der Entwicklung einer Datennutzungspolitik für den Bildungsraum Schweiz beauftragt. Das erklärte Ziel: Eine schweizweite Datennutzungspolitik soll im Rahmen des existierenden Datenschutzes für einen sicheren und ethisch angemessenen Umgang mit Daten im Bildungswesen sorgen und ihre gezielte Nutzung ermöglichen. Welche Punkte sind für eine solche Datennutzungspolitik aus Ihrer Sicht essentiell?

Wichtig ist es, die Bedürfnisse der Schulen abzuholen und praxisnahe Unterstützung zu fördern und anzubieten. Die Schulen haben oft nicht die Ressourcen, sich mit dem Thema Datenschutz, und dazu gehören sowohl der richtige Umgang mit den Daten als auch der Schutz der Daten im Schulbereich in Bezug auf die Sicherheit, intensiv zu beschäftigen. Aufgrund der schuleigenen Kompetenzen kann in diesem Bereich ressourcen- und wissenstechnisch sehr viel geleistet werden.

Bei der Entwicklung einer Datennutzungspolitik arbeiten wir mit unterschiedlichen Akteuren zusammen. Was müssten die Schulen, Behörden aber auch private Unternehmen bezüglich Datenschutz im Bildungsraum Schweiz besonders beachten?

Die Digitalisierung macht vor keinen Grenzen halt. Ohne digitale Instrumente ist heute keine Datenbearbeitung mehr denkbar. Es würde sich lohnen, datenschutzkonforme Lösungen anzudenken, allenfalls zu entwickeln, um- und einzusetzen. Dazu gehören sowohl Überlegungen zu datenschutzkonformer Software wie auch zu datenschutzkonformen Speichermöglichkeiten. Die digitale Souveränität ist besonders im öffentlichen Sektor ein Kernfaktor, den es zu bedenken gilt.

Weitere aktuelle Fragestellungen der Datenschutzaufsichtsbehörden, haben wir im «Rückblick auf Datenschutzthemen 2021» zusammengefasst.

Gesprächspartnerin

Portrait Dominika Blonski
Dr. Dominika Blonski
Datenschutzbeauftragte des Kantons Zürich

Foto: © Dominika Blonski

ähnliche Beiträge

Unsere neue Podcast-Serie widmet sich dem Thema «Daten im digitalen Bildungsraum». Die erste Episode dieser Serie gibt Antworten auf die Fragen: Was sind Datenflüsse; wieso sind sie wichtig und was können wir aus Datenflüssen lernen?

Um die künftige Datennutzungspolitik für den Bildungsraum Schweiz zu entwickeln, haben wir ein Programm für Datennutzungsprojekte geschaffen. Wir haben die Beteiligten gefragt, warum sie Interesse haben an unserem Programm mitzuwirken.

Die Weitergabe analoger Diplome und Arbeitszeugnisse führt in einer digitalen Welt zu Problemen und Bergen an Personendaten. Digitale Nachweise können hier helfen, da sie zwei Dinge verbessern: die Anschlussfähigkeit – also die möglichst einfache Weitergabe – und die Datensparsamkeit solcher Datenaustausche. Wie das konkret aussieht, zeigen wir im vierten Video der Serie zum Thema «Blockchains in der Bildung».

Durch die Zusammenarbeit mit Datennutzungsprojekten können wir anhand von konkreten Fällen aus der Praxis das Ökosystem «Bildungsdaten» ausleuchten und Lösungsansätze im Spannungsfeld der verschiedenen Anspruchsgruppen testen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen: Trotz aller Heterogenität beschäftigen die gleichen Fragen.