1. Wer ist wofür verantwortlich?
Grundsätzliches: Auch auf dem Pausenplatz gelten die allgemeinen Rechtsnormen (Strafrecht, Zivilrecht, Datenschutzrecht, Schulrecht). Social-Media-Aktivitäten während der Pause oder auf dem Schulareal können somit rechtliche Folgen haben – insbesondere, wenn sie Rechte Dritter verletzen (z.B. durch Fotos, Videos oder beleidigende Posts).
Bei den Kinderrechten auf dem Pausenplatz steht insbesondere die Nutzung von sozialen Medien mit privaten Geräten der Kinder und Jugendlichen im Fokus – wir knüpfen daher im Folgenden an diesen Umstand an.
Der Begriff «Soziale Medien» umfasst ein breites Spektrum digitaler Räume, die sich hinsichtlich Plattformdesign, Nutzerinteraktionen und Risiken unterscheiden (vgl. auch das Positionspapier von UNICEF).
Verantwortung der Schülerinnen und der Schüler
Kinder ab 10 Jahren können strafrechtlich belangt werden (Art. 3 Jugendstrafgesetz); Jugendliche ab ca. 13/14 Jahren können zudem zivilrechtlich haften, wenn sie urteilsfähig sind (Art. 19c ZGB).
Aufsichtspflicht durch die Schule / Lehrpersonen
Lehrpersonen haben während der Schulzeit und Pausen eine gesetzliche Aufsichtspflicht (z.B. Art. 28 «Disziplin, Massnahmen» des Volksschulgesetzes des Kantons Bern). Sie ergreifen angemessene Massnahmen, um Gefahren und Rechtsverletzungen zu verhindern. Bei sozialen Medien bedeutet das v.a. Prävention und Intervention bei Vorfällen (Cybermobbing, Veröffentlichung von Bildern, Rufschädigung).
Die Schule / Schulleitung trägt die Gesamtverantwortung für Hausordnungen, klare Regeln zur Mediennutzung und Präventionskonzepte.
In der Schweiz haben die meisten Schulen Regelungen zur Nutzung von Medien. Diese reichen von handyfreien Zeiten bis zu einem flächendeckenden Handyverbot an Schulen.
Begleitung durch die Erziehungsberechtigten
Erziehungsberechtigte beachten das Kindeswohl (Art. 296 Abs. 1 ZGB) und haben im Rahmen ihrer Erziehungspflichten gemäss Art. 302 ZGB auch die Pflicht, ihre Kinder in der Nutzung von Medien zu begleiten.
2. Welche Strategien und Instrumente wirken?
Auch in diesem Bereich muss die Schule die Kinder und Jugendlichen sowie ihre Erziehungsberechtigten zuerst einmal sensibilisieren. Es gilt Medienkompetenzen auszubauen sowohl bei den Kindern und Jugendlichen als auch in ihrem Umfeld. Erst wenn genügend Medienkompetenzen vorhanden sind, können und sollen die Kinder altersgerecht bei der Erstellung von Regeln zum Umgang mit digitalen Geräten und «Social Media» in der Schule partizipieren können.
Bestehen in einer Schule bereits partizipative Gefässe oder Gremien, sind diese für Fragen in Zusammenhang mit Nutzung und Umgang mit digitalen Geräten und «Social Media» beizuziehen. Die Schule kann beim Smartphone als Werkzeug, mit dem soziale Medien in der Regel genutzt werden, ansetzen. Hier kommen insbesondere Massnahmen wie z.B. ein Handyverbot oder handyfreie Zonen in Frage. Auf partizipative Art sind Regeln zu erstellen und ist abzuwägen, inwiefern Verbote Vor- und Nachteile für einzelne Gruppen von Schülerinnen und Schülern haben und einzurichten sind (vgl. Handy: Ein Verbot ist zu einfach – Elternmagazin Fritz+Fränzi).
3. Was lässt sich aus Ethik-Perspektive ergänzen?
Die Interessen, Schutzrechte und Selbstbestimmung der Kinder und Jugendlichen sind nicht nur als rechtliche Pflicht zu verstehen. Lehrpersonen sowie Mitschülerinnen und Mitschüler sollen sie vielmehr auch im Sinne eines respektvollen Umgangs und geprägt von Transparenz über digitale Regeln aktiv vorleben. Dabei sind die Stimmen und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen ernst zu nehmen. Handlungsempfehlungen zu Verantwortung, Rollen und Rechtsfragen rund um Kinderrechte auf dem Pausenplatz ergeben sich daher nicht nur aus juristischen Vorgaben, sie sollten auch auf ethische Leitlinien abstützen und Reflexionsräume bieten.
Es ist immer zwischen dem Schutz der Kinder (z.B. vor Übergriffen, Mobbing, Datenmissbrauch) und deren Recht auf Teilhabe und Selbstgestaltung (z.B. Mitbestimmung, Partizipation bei Regelsetzungen zum Umgang mit digitalen Medien) abzuwägen. Ethik im schulischen Kontext bedeutet eine Gratwanderung zwischen der Bedeutung des Rechts auf Privatsphäre und den Aufsichtspflichten der Schule. Eine ethische Handlungsempfehlung betont die gemeinsame Verantwortung aller Beteiligten. Es empfiehlt sich, Räume der Reflexion und der Partizipation zu schaffen, in denen Kinder bei der Erarbeitung und Bewertung von Schulregeln zu digitalen Medien einbezogen werden.
Ethische Grundsätze müssen als Kompass fungieren, welcher die Richtung angibt, wie vorzugehen ist, wenn das Recht unklar, unspezifisch oder interpretationsbedürftig ist. Dabei ist das Kindeswohl vorrangig zu behandeln. Das heisst, dass das Kindeswohl bei Entscheidungen immer beigezogen und mitgedacht werden muss.
Kinderdatenschutz in der Schule
Der andere Teil des Leitfadens befasst sich mit Kinderdatenschutz in der Schule.