Könnten Sie SwissCore kurz vorstellen?

Laurin Reding: SwissCore ist das Schweizer Verbindungsbüro für europäische Initiativen und Programme in den Bereichen Bildung, Forschung und Innovation (BFI) mit Sitz in Brüssel. Das Büro fungiert als Brücke zwischen Schweizer Institutionen und ihren europäischen Pendants und unterstützt die Schweizer Beteiligung an europäischen Bildungs-, Forschungs- und Innovationsprogrammen, allen voran Erasmus+ und Horizon Europe.

Was ist das Ziel von Micro-Credentials? Was sind Micro-credentials?

Micro-credentials sind anerkannte Lernergebnisse, erworben in einem kleinen Lernmodul. Das Ziel ist dabei die Weiterbildung und Ausbildung zu fördern und den Erwerb von Kompetenzen voranzubringen.

Welche zentralen Entwicklungen sehen Sie bei Micro-credentials in der Bildung im EU-Raum?

Die EU verfolgt das Thema aktiv und hat im Jahr 2022 dazu Empfehlungen an alle EU-Mitgliedstaaten verabschiedet. Die EU sieht Micro-credentials als wichtiges Instrument beim Erwerb von Kompetenzen, um die Herausforderungen des digitalen und grünen Wandels zu meistern. Damit die EU ihr Ziel, erster klimaneutraler Kontinent zu werden, erreichen kann, braucht sie viel mehr Fachkräfte, um grüne und digitale Technologien in ausreichendem Mass zu nutzen. Kleine Lernmodule an Hochschulen, von privaten Anbietern oder auch Onlinekurse (wie MOOCs) sollen hier eine wichtige Rolle spielen. Einige Mitgliedstaaten wie Irland setzen bereits ehrgeizige Pilotprojekte in diesem Bereich um.

«  Eine mögliche Verankerung von Micro-credentials in der Schweizer Bildungslandschaft kann eine Chance sein für die Stärkung der Weiterbildung, wie auch für eine bessere Anerkennung von kleinen Lerneinheiten.  »

Wo sehen Sie Chancen und Herausforderungen dieser Micro-credentials für den digitalen Bildungsraum Schweiz?

Die Weiterbildung ist in der Schweiz weiter verbreitet als im EU-Durchschnitt: 50% der arbeitstätigen Bevölkerung in der Schweiz bilden sich jährlich weiter. Damit die Weiterbildung auch in Zukunft stark ist, muss die Schweiz neue Entwicklungen wie Micro-credentials verfolgen und deren Nutzen für das Schweizer Bildungssystem evaluieren. Das System der privaten Weiterbildung und der universitären Certificates of Advanced Studies (CAS) können als Micro-credentials betrachtet werden, auch wenn sie (noch) nicht so genannt werden. Eine mögliche Verankerung von Micro-credentials in der Schweizer Bildungslandschaft kann eine Chance sein für die Stärkung der Weiterbildung, wie auch für eine bessere Anerkennung von kleinen Lerneinheiten. Das Risiko hingegen ist eine Überregulierung und Formalisierung, welche schlussendlich zu weniger Flexibilität führt. Wie auch immer diese Gewichtung ausfällt, Micro-credentials sind eine neue Entwicklung, die in der Schweiz zumindest verfolgt werden muss, um in Zukunft nicht abgehängt zu werden.

Micro-credentials als digitale Nachweise

Zum Thema digitale Nachweise, auch Verifiable Credentials genannt, gab Educa am Education Seminar 2022 in Brüssel einen Input zusammen mit einem Policy Officer der Europäischen Kommission. Im Kontext der Modularisierung und Flexiblisierung des Studiums, ging es dabei auch um Micro-credentials, welche unter anderem als digitale Nachweise gespeichert werden können. Auch wir als Fachagentur beobachten die Entwicklungen zu Micro-credentials in der EU. Unter anderem von Interesse ist für uns, welche (technischen) Möglichkeiten es gibt, diese Weiterbildungen und Lernergebnisse in Zukunft effizient, sicher und korrekt zuzuweisen und zu übermitteln.

 

Gesprächspartner

Portrait Laurin Reding
Laurin Reding
Education Advisor
SwissCore

ähnliche Beiträge

Durch die Zusammenarbeit mit Datennutzungsprojekten können wir anhand von konkreten Fällen aus der Praxis das Ökosystem «Bildungsdaten» ausleuchten und Lösungsansätze im Spannungsfeld der verschiedenen Anspruchsgruppen testen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen: Trotz aller Heterogenität beschäftigen die gleichen Fragen.

Unsere neu kreierte Rubrik will informieren, Wissen vermitteln und zu Diskussionen anregen. Unser erstes Educa Dossier widmen wir der hochaktuellen Thematik «Blockchains in der Bildung». Auch unsere diesjährige Fachtagung Educa23 stand ganz unter diesem Thema, dazu mehr in unserem Rückblick.

Um die künftige Datennutzungspolitik für den Bildungsraum Schweiz zu entwickeln, haben wir ein Programm für Datennutzungsprojekte geschaffen. Wir haben die Beteiligten gefragt, warum sie Interesse haben an unserem Programm mitzuwirken.

Warum es Daten braucht, um Bildung zu gestalten und welche Vorteile empirische Begleitforschung für Bildungsprojekte bietet, beantwortet uns Jessica Dehler Zufferey, Geschäftsleiterin des LEARN, Center for Learning Sciences, der EPFL.