Technische, organisatorische und rechtliche Voraussetzungen bestimmen die Einführung von Edulog: Drei Variablen, mit mehr oder weniger beachtlichen Nuancen von einem Kanton zum andern. Das ergibt zwischen Genfersee und Bodensee eine grosse Bandbreite von Begleitumständen auf dem Weg zur schweizweiten Föderation der Identitätsdienste.

Ueli Zberg, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bildungs- und Kulturdirektion des Kantons Uri, begleitet das Föderationsprojekt seit Beginn im Reigen der Kantonsvertreterinnen und Kantonsvertreter. Wir haben ihn mit Blick auf diesen Jahresbericht zu einem Gespräch über den Stand der Arbeiten in seinem Kanton eingeladen. In seiner Mailantwort auf unsere Anfrage meinte er: «Ja, das können wir gerne realisieren… …im Hinblick auf die Bestrebungen im Rahmen von Edulog. Wo wir im Kanton allerdings auch noch nicht so weit sind, wie wir gerne wären…».

Das Bewusstsein in den eigenen Reihen

Woran liegt das? Mit dieser Frage beginnen wir das Gespräch. «Damit meine ich, dass das Bewusstsein zu Datafication, Datennutzung und Datenschutz bei uns in den Schulen, und insbesondere in der Volksschule, noch nicht genügend gereift ist.» Diese fehlende Fitness für digitale Zusammenhänge hat dazu geführt, so Zbergs Analyse, dass wesentliche Gelingensbedingungen nicht rechtzeitig erkannt worden sind: «Wir hatten beim Start von Edulog eigentlich das Gefühl, wir könnten ganz schnell aufspringen; das wäre kein Problem für uns. Nun ist es technisch eins geworden.» Mit dieser Erfahrung sind die Bildungsverantwortlichen des Kantons Uri in guter Gesellschaft. Probleme, deren Ursachen in der Daten- und IT-Governance oder in einer Schnittstelle ausserhalb des eigenen Einflussbereichs wurzeln, kommen spätestens bei der technischen Umsetzung an die Oberfläche.

Die Bewegung auf dem Markt

Worauf Zberg anspricht, ist eine Firmenübernahme im Frühjahr 2022. Die Schulverwaltungslösung iCampus, an den 14 Schulen des Kantons Uri seit langem in Betrieb, wurde Teil von CM Informatik (CMI). Voraussichtlich im Sommer 2024 wird die Verwaltung der Nutzerinnen und Nutzer neu organisiert. In den Fokus gerät dabei das sogenannte Active Directory (AD), quasi der Nukleus der Datenpflege.

Und das macht die Sache kurz sehr technisch: Solange das aktuelle System noch läuft, pflegt der Kanton die Daten der Schülerinnen und Schüler zentral. Die einzelnen Schulen können ihre Konten bei Microsoft Office 365 (sogenannte MS Tenants) jedoch unabhängig erstellen; sie müssten darum der Föderation Edulog auch individuell beitreten. Die jetzt noch zentral vorhandenen Daten als AD zu verwenden, lohnt sich nicht, weil die Nachfolgelösung von iCampus eine andere Architektur haben wird.

Was wie eine kleine und logische Bewegung klingt, hat die Verantwortlichen der Urner Schulen auf dem falschen Fuss erwischt. Ueli Zberg: «Ich kann nun nicht hingehen und der Schule Sisikon oder Unterschächen sagen, sie müsse uns den AD-Verantwortlichen nennen. Die verwenden einfach ihre Schullösung.» Mit den technischen Innereien mussten sie sich bislang nicht beschäftigen; werden sie auch in Zukunft nicht müssen. Aber: Für die Anbindung des Schulverwaltungssystems an Edulog sind genau diese Innereien, und insbesondere das AD, entscheidend.

Das Beispiel in Altdorf

Das Gespräch findet am 14. Februar 2023 statt. Zwischenfrage um 14.30 Uhr: «Und? Wie lautet der aktuelle Stand des Irrtums?» Schlagfertig und um Humor nie verlegen, kontert Zberg: «Bald ist 15 Uhr, dann habe ich vielleicht die Idee.» Ernsthafter hält er fest: «Die Situation ist im Moment ein wenig übel. Woher soll ich für die eineinhalb Jahre eine schlaue Lösung nehmen? Soll jede Schule jetzt einzeln beitreten, und im Sommer 2024 kommen wir dann mit einer neuen gemeinsamen Lösung? Das wäre wohl nicht sehr schlau.»

Die Geschäftsstelle Edulog wird eine konkrete Empfehlung zum Umgang mit Dilemma-Situationen wie jener in Uri erarbeiten. Die Verlängerung der Einführungsphase um zwei Jahre schafft zudem Raum, um Erkenntnisse aus bisherigen Anbindungen zu nutzen. Da hat Ueli Zberg ein Beispiel gleich um die Ecke. Das Kollegi Altdorf, das Urner Gymnasium, hat den Edulog-Föderationsvertrag am 8. November 2022 unterschrieben. Die betriebliche Anbindung wurde Mitte März vollzogen.

«  Soll jede Schule jetzt einzeln beitreten, und im Sommer 2024 kommen wir dann mit einer neuen gemeinsamen Lösung? Das wäre wohl nicht sehr schlau.  »

«Ich haben den Prorektor gebeten, mich zu informieren, sobald alles abgeschlossen ist. Dann möchte ich mir den Edulog-Betrieb selber vor Ort ansehen.» Die Voraussetzungen waren in dieser Bildungsinstitution um eine entscheidende Nuance besser als in der Volksschule. Alle Urner Mittelschülerinnen und Mittelschüler waren schon immer in nur einer Datei erfasst. Diese diente nun, Sie werden es ahnen, als Basis für das AD. Das Berufs- und Weiterbildungszentrum Uri (bwz) ist bezüglich der Verwaltung von Schülerdaten vergleichbar organisiert wie die Kantonale Mittelschule. Das bwz wird die zweite Schule sein in Uri, die den Beitrittsprozess zu Edulog angehen wird.»

Die philosophische Pointe

Die Fortschritte im Kollegi und das Vertrauen, auch für die Urner Volksschule in absehbarer Zeit einen Weg zu finden, stimmen Ueli Zberg zum Schluss des Gesprächs philosophisch: «Auf dem Bänkli vor em Hüsli werden wir die Herausforderungen der Digitalisierung nicht meistern. Solange wir den Föderalismus von Kantonen und Gemeinden haben, müssen wir hinstehen und zu gemeinsamen Lösungen finden. Die Schule hat andere Sorgen.»

«  Auf dem Bänkli vor em Hüsli werden wir die Herausforderungen der Digitalisierung nicht meistern.  »
Portrait Ueli Zberg
Ueli Zberg
Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bildungs- und Kulturdirektion des Kantons Uri