Regierungsrätin Monika Knill, Erziehungs- und Kulturdirektorin des Kantons Thurgau, Präsidentin der Genossenschaft educa.ch

Um das vorgesehene Video von Vimeo zu laden, müssen Sie die Cookies für «Analyse und Statistik» und «Komfort und Partner» erlauben.

Auf zwei Ereignisse im März 2020 werde ich hier kurz eingehen. Das eine beschäftigt uns seit einem Jahr über Gebühr. Ich komme später darauf zurück.

Das andere war völlig unspektakulär, hat keine Pflegefachfrau beschäftigt und niemanden den Job gekostet: Das jährliche Sonderheft der MIT Technology Review zu den «10 Breakthrough Technologies». In einem Beitrag setzt sich der Journalist David Rotman mit dem aktuellen Stand von Moore’s Law auseinander. Sie wissen schon, die Vorhersage von Gordon Moore aus dem Jahr 1965, wonach sich die Anzahl Transistoren auf einem Chip alle zwei Jahr verdoppeln würde. Im Gegensatz zu vielen Autoren beschränkt sich Rotman nicht auf die Frage nach den physikalischen Grenzen dieses Gesetzes. Vielmehr taucht er ein in die Tiefen der Chips. Er zeigt auf, wie kreative Programmieransätze und hoch spezialisierte Algorithmen die Grenzen unserer Vorstellungskraft weit über das physikalisch Mögliche hinaus fordern werden. Und er zitiert die junge Wissenschaftlerin Erica Fuchs: Sie mahnt uns Politikerinnen und Politiker, die öffentliche Hand müsse sich massiv an der Erforschung neuer Technologie-Ansätze beteiligen. Von einem «Marshall Plan for chips» ist die Rede.

Nun, epochale Marshallpläne sind nicht ganz in Griffnähe einer kantonalen Bildungsdirektorin. Umso gründlicher müssen wir in unseren Gefilden künftige Wechselwirkungen zwischen Technologie und Bildung antizipieren. Das führt uns zwangsläufig hinein ins Reich der Algorithmen, auch der hoch spezialisierten. Dieses Erkunden digitalen Neulandes erinnert mich immer wieder ans Wandern in unvertrautem Gelände. Gut kalibrierte Instrumente wie Karte und Kompass helfen bei der Orientierung. Wenn die verlässliche Expertise eines Wanderführers oder einer Bergführerin dazu kommt, erschliessen sich plötzlich neue Pfade und bisher unerkannte Horizonte.

Orientieren und erschliessen, begleiten und sichern: Die Metapher aus der alpinen Erlebniswelt passt prima zum digitalen Auftrag der Fachagentur. Educa befähigt Bund und Kantone, für die Bildung im digitalen Wandel günstige Rahmenbedingungen zu schaffen. Mit ihrer Expertise, ihrem Netzwerk und manchmal auch einfach mit den Spürnasen ihrer Mitarbeitenden erkundet sie die Räume und Themen, die vor uns liegen.

Teil dieser Rolle ist die Bereitschaft, in unerwarteten Situationen die Orientierung zu behalten und handlungsfähig zu bleiben. Typisch dafür sind Ereignisse, die keiner populären Gesetzmässigkeit wie Moore’s Law folgen. Das eine Ereignis, das ich eingangs kurz erwähnt habe, fällt in diese Kategorie. Educa hat die Erwartungen im März 2020 und in den Monaten nach dem Ausbruch der Pandemie überzeugend erfüllt. Das ganze Team hat gezeigt, dass es die trittsichere Bewegung im Krisenmanagement und die strategische Orientierung auf der grossen Landkarte zu verbinden weiss. So sind langfristig angelegte Vorhaben wie Edulog auf Kurs geblieben, strategische Themen wie die Datennutzung planmässig gereift und Massnahmen zur Krisenbewältigung wie Eduport zustande gekommen.

Eine anspruchsvolle Tour in komplexem Gelände umsichtig zu planen und unterwegs auch beim Wetterumsturz die Übersicht zu bewahren: Diese Fähigkeit macht den verlässlichen Bergführer aus. Ich bleibe bei der Metapher und wende mich zum Schluss ans ganze Educa-Team: Die bildungspolitischen Gremien zählen auf euch – jetzt in der Pandemie, und erst recht, wenn Moore’s Law oder ein neuer Algorithmus mal wieder unsere Vorstellungskraft herausfordern.

Herzlichen Dank für eure Arbeit!


P.S. Als letzten Akt der institutionellen Erneuerung von Educa werden wir im Lauf des Jahres 2021 die Genossenschaft auflösen. Eine ausführliche Würdigung der 100-jährigen Geschichte folgt in deren Jahresbericht – und im Rahmen des Jubliäumsprogramms Centanni.