Seit Juni 2021 arbeiten wir im Auftrag der EDK und des SFBI an einem einfacheren Zugang zu und Austausch von Daten in der Berufsbildung. Wir haben den Auftrag die notwendigen Grundlagen zu schaffen und und künftige Entwicklungen der digitalen Transformation zu antizipieren.

Die grosse Herausforderung im Bildungswesen, und somit auch in der Berufsbildung, ist der Umgang mit dem Föderalismus und der grossen Heterogenität der eingesetzten Systeme, Prozesse und Strukturen und die teils auch kantonal unterschiedliche Gesetzeslage. Ein System, das alle diese Akteure verbindet, muss also gänzlich gegensätzliche Anforderungen erfüllen. Es muss mit einer Vielzahl an Applikationen kompatibel sein, es soll die Administration von Lernenden für Grossbetriebe erleichtern, aber es soll auch für kleine, wenig technikaffine Unternehmen einen Mehrwert bieten. Letztlich wird das Ziel verfolgt, die Daten schweizweit effizient auszutauschen, aber auch möglichst alle bestehenden Daten in einem Vertrauensraum zugänglich und für das gesamte System nutzbar zu machen.

Die Idee einer Datenföderation

Der momentan verfolgte Architekturansatz nennt sich Datenföderation. Eine Datenföderation ist ein virtueller Zusammenschluss von unterschiedlichen Systemen, die dabei ihre Autonomie und ihr lokales konzeptionelles Schema bewahren. Ziel dieses Ansatzes ist es, auf Bestehendem aufzubauen und so die Systemstärken wie Diversität, Agilität und Innovationskraft zu erhalten. Um dies zu erreichen ist die gesamtheitliche Systembetrachtung wichtig. Die Datenföderation wird primär für die Berufsbildung konzipiert. Von Anfang an sind Überlegungen aus einer übergeordneten systemischen Perspektive integraler Teil des gewählten Ansatzes. Dazu gehören Fragen wie: «Wie können Daten von verschiedenen Identitätsanbietern, beispielsweise des Einwohnermeldeamts, genutzt werden?» oder «Wie können Bildungsabschlüsse, insbesondere auch von nicht in der Berufsbildung tätigen Akteuren, digital verifizierbar gemacht werden?».

Potenziale der Blockchain

Um Innovationspotenzial zu schaffen, ist es wichtig, sich bei der Konzeption der Datenföderation frühzeitig mit neuen Technologien wie maschinellem Lernen oder auch Blockchain zu beschäftigen. Insbesondere bei vernetzten Systemen, wie es die Datenföderation sein soll, wurde durch die Blockchain ein neues Zeitalter eingeläutet. Nach einer Ära der Zentralisierung ermöglicht die Blockchain-Technologie nun dezentralisierte Architekturen. Aufgrund des hohen Grades an Heterogenität des Berufsbildungssystems ist ein dezentralisierter Ansatz hervorragend geeignet. Ein Peer-to-Peer Netzwerk befähigt die Akteure, direkt miteinander zu kommunizieren. Die Datenföderation in der Berufsbildung sieht somit vor, die Potenziale der Blockchain zu nutzen:

  • Datensätze und Ereignisinformationen aus vielfältigen Quellen verbinden;
  • Ausbildungs-Ereignisse aller Art bis und mit Abschlusszeugnissen in der Blockchain anlegen;
  • Zugriffsrechte über ein persönliches Wallet individuell steuern, uvm.

Die modulare Struktur der Blockchain ermöglicht es dabei jedem Akteur, jeweils nur die benötigten Komponenten zu installieren und die erforderlichen Daten zu nutzen.

Lehrabschluss in der Wallet

Ein dezentralisierter Ansatz könnte insbesondere die Entscheidungsfindung und Kommunikation von Ereignissen in der Berufsbildung reformieren. Bildungsrelevante Nachweise, wie Noten oder Kursabschlüsse, werden in der Blockchain festgehalten und sind sofort für alle autorisierten Akteurinnen und Akteure verfügbar. Jede Nutzerin und jeder Nutzer kann ein Ereignis für sich interpretieren und dies wiederum in der Blockchain festhalten. So kann das Ereignis «bestandene Zwischenprüfung» zum Ereignis «zur Lehrabschlussprüfung zugelassen» führen. Hat eine Lernende oder ein Lernender sämtliche zum erfolgreichen Abschluss der Ausbildung relevanten Nachweise erbracht, wird dies ebenfalls in der Blockchain festgehalten. Dieser Eintrag wird so signiert, dass er eindeutig einer Person zuweisbar ist. Diese Signatur wird mit Hilfe einer Wallet erstellt. Somit belegt nicht bloss das Fähigkeitszeugnis als klassisches Büchlein den Lehrabschluss, sondern auch ein automatisch verifizierbares digitales Zertifikat, das im Bewerbungsprozess geteilt werden kann. Schliessen sich in Zukunft immer mehr Systeme der Datenföderation an, bedeutet das, dass eine Person sämtliche erworbenen Abschlüsse, von der Primar- bis zur Hochschule, in seiner Wallet verfügbar hat. Die Nachweise können von der Person gezielt freigegeben werden. Diese Nachweise sind automatisch verifizierbar und verringern somit administrativen Aufwand, sei es bei der Zulassung zur Berufsbildnerin oder bei der Anmeldung an eine weiterführende Schule.

Das Beispiel zeigt auf, wie der administrative Aufwand beim Austausch von Informationen verringert werden kann. Auch werden die Daten in der Datenföderation automatisch sicher und gesetzeskonform übermittelt. Die Informationen sind zeitnah im System für im Vorfeld definierte Akteure abrufbar. Berechtigten Dritten können die Daten zugestellt werden. Da die Ereignisse im System transparent erfasst werden, sind die Entscheide nachvollziehbar. Zudem werden die Ereignisse eindeutig den betroffenen Personen zugeordnet.

Die Ansprüche im Schweizer Berufsbildungssystem sind komplex und heterogen. Neue Technologien und innovative Ansätze schaffen jedoch Chancen, diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Durch einen dezentralen Ansatz können Daten in Zukunft sicher, gesetzeskonform und vereinfacht ausgetauscht werden.

 

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