Welches sind in Ihrem Kanton laut der durchgeführten Studie die wichtigsten Lehren, die aus dem Fernunterricht gezogen werden können?

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass die Art des Fernunterrichts, die bei der Schliessung von Schulen eingesetzt wurde, nicht mit dem vergleichbar sind, was in der Literatur als «Fernunterricht» definiert wird; vielmehr ging es darum, in einer Notsituation auf den Fernunterricht zurückzugreifen, bei dem die Bedingungen alles andere als ideal waren. Daher die erste Lehre: Fernunterricht muss gelernt sein, er erfordert spezifische Ausbildung, Bedingungen und geeignete Werkzeuge. Eine zweite Lehre ist, dass die Schule nicht nur aus Fächern oder Unterrichtsstunden besteht, sondern dass es auch die grundlegenden Beziehungen gibt, die man versucht hat, so weit wie möglich auch während der Schliessung der Schulen durch regelmässige Kontakte zwischen Lehrpersonen und Lernenden aufrechtzuerhalten. Ohne die grundlegende Rolle der Familien zu vergessen.

Ersetzt der Fernunterricht den Präsenzunterricht? Oder welchen Platz kann der Fernunterricht innerhalb des Präsenzunterrichts einnehmen?

Gerade aus den in der vorherigen Antwort genannten Gründen kann der Fernunterricht den Präsenzunterricht nicht ersetzen. Ich glaube, dass vor allem in der obligatorische Schule der direkte Kontakt grundlegend ist und daher nicht durch einen Bildschirm ersetzt werden kann. Auf Sekundarstufe II ist der Einsatz von Fernunterricht ausserhalb eines Notfall-Kontextes denkbar, sofern er einen Mehrwert bietet und Teil eines durchdachten und kohärenten Unterrichtsplans ist. Was aber sicherlich möglich ist, und wir hoffen, dass wir in den kommenden Jahren dazu in der Lage sein werden, ist der verstärkte Einsatz neuer Technologien und innovativer Lehrmittel im Unterrichtsalltag, die als Unterstützung für den Unterricht im Klassenzimmer und insbesondere für die pädagogische Differenzierung dienen können. Der Einsatz von Bildungsplattformen, Video-Tutorials, aber auch anderer Tools bringt sicherlich einen Mehrwert für die «traditionellere» Didaktik, und aus diesem Grund bieten wir spezielle Schulungen für Lehrpersonen an. In keinem Fall kann der Fernunterricht jedoch den Präsenzunterricht zu normalen Zeiten ersetzen.

Wird der Fernunterricht den Grundstein für eine «Revolution» oder Evolution der Schule legen?

Ich glaube nicht, dass wir von Revolution sprechen können, auch weil «Revolutionen» in den Schulen selten und schwer durchführbar sind. Ich würde eher von Evolution sprechen oder von der Beschleunigung von Prozessen, die bereits im Gange waren. Ich denke dabei an die Nutzung von Plattformen, die sich im Tessin schon vor dem Notfall auszubreiten begannen. Ich denke auch an die infrastrukturelle Frage, die keinesfalls vergessen werden sollte. Auch in diesem Fall hat die Notlage einen Prozess der Modernisierung der IT-Infrastruktur der Schulen, der im Tessin bereits seit zwei Jahren im Gange ist, erheblich beschleunigt.

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