Inhalt

In der noch relativ jungen Literatur zu künstlicher Intelligenz (KI) in der Bildung wird der Einsatz von KI schon relativ konsistent in drei grössere Anwendungsfelder eingeteilt:

  • Bildung für KI: umfasst die Wissensvermittlung zum Umgang und zur Einordnung KI-generierter Inhalte.
  • Bildung über KI: umfasst die Vermittlung der grundlegenden Wissensgebiete, auf denen KI basiert.
  • Bildung mit KI: umfasst den Einsatz von KI-basierten Werkzeugen für das Lehren und Lernen sowie für die Bildungsverwaltung und Schulorganisation.

Sowohl die «Bildung für KI» als auch die «Bildung über KI» sind stark geprägt von pädagogischen und bildungsinhaltlichen Überlegungen. Entsprechend liegen sie nicht in unserem direkten Kompetenzbereich als Fachagentur mit einem überwiegend systemischen Blick auf die Bildung. Daher behandeln wir diese Anwendungsfelder hier nicht weiter.

Das Anwendungsfeld «Bildung mit KI» kann weiter unterteilt werden in die Anwendungsfelder «Lehren und Lernen» sowie «Bildungsverwaltung und Schulorganisation». Die untenstehende Abbildung zeigt eine nicht abschliessende Auswahl möglicher Anwendungsfälle von KI in diesen Anwendungsfeldern. Mit einem Klick auf den jeweiligen Punkt, werden die Anwendungsfälle kurz skizziert.

Lehren mit KI

Das Anwendungsfeld «Lehren mit KI» umfasst KI-Anwendungsfälle, die die Lehrperson in ihrer Arbeit unterstützen. Solche KI-Anwendungen haben in der übergeordneten Diskussion um «Bildung mit KI» bislang noch einen schweren Stand. Dies liegt zum Teil daran, dass befürchtet wird, Lehrpersonen könnten durch KI ersetzt werden. Vielmehr sollte es aber darum gehen, Lehrpersonen von gewissen Tätigkeiten zu entlasten und dadurch mehr Zeit für die individuelle Betreuung der Schülerinnen und Schüler zu gewinnen. So könnte die Erstellung und Bewertung von Prüfungen, die Grobplanung des Schulhalbjahres oder das Verfassen von Lernberichten künftig von einer KI unterstützt werden. 

Anwendungen für Schule und Unterricht

Wer sich für konkrete KI-Anwendungen im Bereich Lehren und Lernen interessiert, wird auch auf dem Educa Navigator fündig. 

Um sich einen Überblick zu verschaffen, welche KI-Systeme für die Lehre sinnvoll, sind verweist der «AI Report» des «European Digital Education Hub» direkt auf einige geeignete KI-Anwendungen. Die Universität Zürich hat u.a. Empfehlungen zusammengetragen, wie man von KI bei der Semester- und Lektionsvorbereitung profitieren kann und der Kanton St. Gallen hat ein Dossier zu KI im Schulalltag zusammengestellt.

Eine effektive Nutzung von KI-Systemen in der Lehre erfordert von Lehrpersonen vertieftes Wissen darüber, welche KI-Systeme sich für ihre tägliche Arbeit und die Inhalte des jeweiligen Lehrplans eignen. Gleichzeitig sind bei der Nutzung von KI in der Lehre aber auch immer die geltenden ethischen und datenschutzrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Diesbezüglich bietet der vom Kanton Zürich publizierte Leitfaden «Künstliche Intelligenz in der Bildung – Rechtliche Best Practices» erste Anhaltspunkte. 

Anwendungsfelder und Anwendungsfälle

Legende

Anwendungsfeld (nicht abschliessend)

Anwendungsfall (nicht abschliessend)

Lernen mit KI

Das Anwendungsfeld «Lernen mit KI» dürfte aktuell die meisten und am konkretesten ausgereiften Anwendungsfälle zählen (vgl. Abbildung). Das Potenzial liegt zum einen in der Anreicherung des Unterrichts durch die Nutzung KI-basierter Anwendungen und zum anderen in der Personalisierung der Lerninhalte sowie der Rückmeldungen zum Gelernten durch KI. Die Personalisierung könnte dazu beitragen, Lernende auf ihren individuellen Lernpfaden zu unterstützen indem KI-Systeme durch die Auswahl der Lerninhalte quasi als Leitplanken auf diesem Lernpfad dienen. Der Vorteil von KI-basierten Rückmeldungen ist, dass diese ebenfalls personalisiert sind und in der Regel unmittelbar auf die Leistungserbringung der Lernenden erfolgen kann.

Auch die direkte Interaktion mit KI-Systemen birgt Potenziale beim Lernen. So besteht beispielsweise die Möglichkeit, dass Lernende in einer Fremdsprache mit einer KI einen Dialog führen (vgl. z.B. das Projekt ChaLL). Dadurch kann die Sprechzeit für jede einzelne Lernende im Vergleich zum Unterricht in der Klasse deutlich gesteigert werden. Eine andere Form der Interaktion bietet sich bei sogenannten «belehrbaren Chatbots» an. Diese sind darauf ausgelegt, dass Lernende ihnen Sachverhalte beibringen. Dadurch werden die Lernenden selbst sattelfester in den Inhalten und entdecken eigene blinde Flecken.

Der UNESCO-Bericht «AI and Education» listet eine Vielzahl an konkreten Anwendungsfällen inklusive der dabei einsetzbaren KI-Lösungen. Die Universität Luzern hat zudem in ihrem Dossier zu «KI in der Lehre» spezifisch für Sprach- und Bildgeneratoren Anwendungen von unterschiedlichsten Anbietern zusammengetragen.

Verwaltung und Organisation mit KI

Im Anwendungsfeld Bildungsverwaltung und Schulorganisation können KI-Lösungen einerseits für direkt bildungsrelevante Inhalte verwendet werden. Darüber hinaus bietet KI auch im operativen Management viel Potenzial für Automatisierung (vgl. Abbildung). Diese KI-Anwendungsfelder stehen jedoch nicht direkt mit Bildung in Zusammenhang und werden daher an dieser Stelle nicht vertieft diskutiert.

Mit Blick auf den bildungsrelevanten Einsatz von KI-Lösungen stehen aktuell mindestens drei Anwendungen im Raum. Erstens ist die KI-unterstützte Stundenplangestaltung zu nennen. Hierbei werden mithilfe einer KI und unter Einbezug von Daten zu Lehrpersonen, Schülerinnen und Schülern sowie Schulraumkapazitäten optimierte Stundenpläne erstellt. Zweitens hat KI das Potenzial, die Zuteilung von Schülerinnen und Schülern zu Schulhäusern und einzelnen Klassen unter Einbezug beispielsweise von deren Wohnort, deren Leistungsfähigkeit oder deren sozioökonomischem Hintergrund vorzunehmen. Die Analyse einer immens grossen Anzahl unterschiedlicher Kombinationen könnte dazu beitragen, dass z.B. aus Gesichtspunkten der Chancengleichheit optimale Schul- und Klassenzuteilungen resultieren. Drittens ist der Einsatz eines Bildungschatbots für die Kommunikation mit Stakeholdern denkbar. Dieser könnte auf Basis der ihm zugrundeliegenden Informationen Auskünfte erteilen und so die Verwaltung administrativ entlasten.

Die grösste Herausforderung insbesondere bei den ersten beiden Anwendungsfällen liegt aktuell noch in der Nachvollziehbarkeit der KI-basierten Vorschläge. Heutige KI-Systeme funktionieren weitestgehend noch als «Blackbox» und entsprechend schwierig ist es, aus KI-Systemen generierte Entscheide begründen zu können. Dieser Anspruch wird aber an Entscheide gestellt, die z.B. in eine rechtsgültige Verfügung münden (vgl. dazu das Gutachten zur rechtlichen Auslegeordnung zu KI im Bildungsraum). Zudem ist sicherzustellen, dass Verwaltungsprozesse mit KI-Unterstützung immer auch die Möglichkeit zulassen, dass Menschen die von KI-Systemen gemachten Vorschläge übersteuern können.

Fazit

Die Auflistung verdeutlicht es: Die Anwendungsfälle in der Bildung für, über und mit KI sind mannigfaltig. Die rasante Entwicklung rund um KI dürfte die Zahl der Anwendungsfälle in Zukunft noch deutlich erhöhen. Gleichzeitig haben viele der Anwendungsfälle noch keinen Niederschlag in konkreten Produkten gefunden. Wie bei allen Technologien gilt auch für KI, dass sie nicht um der Technologie Willen eingesetzt werden sollte. Die Zukunft wird also zeigen, in welchen Anwendungsfeldern und -fällen der Zugewinn des Einsatzes einer KI so gross ist, dass es sich lohnt die damit verbundenen Herausforderungen zu meistern. 

 

Weiterführende Literatur