Bisher haben wir in unserem Dossier vornehmlich über «Blockchains in der Bildung» geschrieben und damit Grund zur impliziten Annahme gegeben, dass sich diese Blockchain-Infrastruktur auf den Bildungssektor beschränkt. Tatsächlich entfaltet eine Blockchain als Grundlage eines Systems digitaler Nachweise aber erst dann ihr volles Innovationspotenzial, wenn sie Sektoren überspannt und für verschiedenste Akteure anschlussfähig ist. Dann entsteht das, was in Fachkreisen als Ökosystem bezeichnet wird.
Konkret versteht man unter einem solchen Ökosystem die Interaktion von Individuen, privaten Organisationen und öffentlichen Institutionen zum Zweck unterschiedlicher aber kombinierbarer Arten der Ausgabe, des Austausches und der Überprüfung digitaler Nachweise. Dabei basiert dieses Ökosystem auf einer gemeinsam genutzten Vertrauensinfrastruktur – z.B. einer Blockchain – oder verschiedenen interoperablen Infrastrukturen mit ähnlichen Governance Grundsätzen und Prozessen.
Ausdehnung des Ökosystems
Ob für die Vertrauensinfrastruktur eines solchen Ökosystems eine Blockchain sinnvoll ist, hängt mitunter auch vom geplanten Umfang der Nutzung – dem sogenannten Ambitions-Niveau – dieses Ökosystems ab. Je höher das Ambitions-Niveau und entsprechend grösser das Ökosystem, desto eher dürfte eine Blockchain-Lösung sinnvoll sein. Im Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion über eine E-ID werden drei Ambitions-Niveaus eines Ökosystems skizziert. Indem Sie sich durch die untenstehende Grafik klicken, können Sie mehr über die drei Ambitions-Niveaus erfahren.
Bildungsnachweise als Teil des Ökosystems
Das Bildungssystem taucht auf dem zweiten Ambitions-Niveau auf. Durch einen Anschluss an die E-ID-Infrastruktur (erstes Ambitions-Niveau), könnte das Bildungssystem somit Teil eines grösseren Ökosystems für digitale Nachweise werden. Seine vollständige Wirkung würde das Ökosystem jedoch entfalten, wenn auch private Akteure als Ausgabestellen zugelassen werden (Ambitions-Niveau 3). Dann könnten beispielsweise auch private Weiterbildungsanbieter, üK-Anbieter, Lehrbetriebe oder Arbeitgebende digitale Nachweise ausstellen. Individuen könnten dann digitale Nachweise unterschiedlichster Herkunft mit wenigen Klicks medienbruchfrei weitergeben. Dadurch entstünde auch grosses Innovationspotenzial für die Digitalisierung ganzer Prozesse wie beispielsweise Zulassungsverfahren zu Fachhochschulen oder Auswahlprozesse bei offenen Stellen.
Stimmen zum Ökosystem digitaler Nachweise
Die Thematik des Ökosystems digitaler Nachweise nahm auch einen wichtigen Platz an unserer Fachtagung zu «Blockchains in der Bildung» ein. Wir haben daher Stimmen von Expertinnen und Experten dazu eingeholt, wie sich das Bildungssystem an ein grossflächiges Ökosystem anschliessen kann; welche Voraussetzungen dazu gegeben sein müssen und welche nächsten Schritte anstehen; und wie digitale Nachweise den Übertritt vom Bildungssystem in den Arbeitsmarkt verändern könnten. Die Antworten auf diese Fragen finden Sie im untenstehenden Video.
Weiterführende Literatur
- Digitalswitzerland (2022). «Building a Swiss Digital Trust Ecosystem – Perspectives around an e-ID ecosystem in Switzerland»
- Bundesamt für Justiz (2021). «Diskussionspapier zum Zielbild E-ID»